Problemstellung und Motivation

Die Belastungsgrenzen der Erde sind in einigen Bereichen bereits deutlich überschritten. Verursacht von uns Menschen! Neben dem Artensterben (Abnahme der Biodiversität) gehören der Phosphor- und Stickstoffkreislauf zu den größten Problemfeldern. Die beiden letztgenannten hängen direkt mit dem Umgang mit unseren Toiletteninhalten zusammen. Öffentlich diskutiert wird darüber aber kaum. Hier besteht dringender Handlungsbedarf!

Schauen wir uns zunächst einmal den Kreislauf des “reaktiven Stickstoffs” genauer an. Mit “reaktivem Stickstoff” ist der pflanzenverfügbare Stickstoff gemeint. Er ist in großen Mengen in den menschlichen Ausscheidungen enthalten (Urin). Ohne diesen können Pflanzen nicht wachsen. Da in unseren Klärwerken dieser Stoff teils vernichtet und teils in die Umwelt entlassen wird (über Luft und Gewässer) fehlt dieser für die Nutzpflanzen auf den Äckern. Dies wird heute über künstlich hergestellten Stickstoff-Dünger kompensiert (Haber-Bosch-Verfahren). Nur aufgrund des heute fehlenden Nährstoffkreislaufes “Mensch-Acker-Nahrung” sind die Belastungsgrenzen der Erde wie oben gezeigt weit überschritten worden!

Schon für die Herstellung dieses reaktiven Stickstoffs sind enorme Energiemengen erforderlich (laut Wikipedia etwa 1,2 % des weltweiten Energieverbrauchs!!). Zusätzlich muss beachtet werden, dass für die erforderliche Wasserreinigung und Aufbereitung etwa 3% des Weltenergieverbrauchs benötigt werden. Auch dies hängt direkt mit unserem Umgang mit Toiletten-Inhalten zusammen.

Insgesamt wird von bis zu 80 erforderlichen Nähr- und Spurenstoffen gesprochen, die für eine gesunde Ernährung erforderlich sind. Einer der Haupt-Nährstoffe ist noch der Phosphor, der ebenfalls in großen Mengen über die menschlichen Ausscheidungen zunächst in die Klärwerke gelangt und dann verloren geht.

Phosphor ist ein sehr limitierter Rohstoff, der nicht künstlich hergestellt werden kann. Heute wird Phosphat in Bergwerken (in Marokko und China) abgebaut. Der Stoff liegt nicht in reiner Form vor und ist stark mit Schwermetallen und radioaktiv belastet. Im Zuge der Aufbereitung des Phosphors gehen etwa 90% des Stoffes an die Umwelt verloren. Nur etwa 10% kommen über die Nahrung beim Menschen an. Kurz darauf landet der wertvolle Stoff im Klärwerk und geht als Sondermüll verloren. Teils können die Klärwerke die Stoffe auch nicht ausreichend zurückhalten und dann landen die Stoffe in den Oberflächengewässern und sorgen dort für gefährliche Algenblüten und Todeszonen.

Urin und Fäzes machen nur etwa 1% des Haushaltsabwassers aus, enthalten aber etwa 97% des reaktiven Stickstoffs und 90% des Phosphates. Eine Vermischung dieser Stoffe mit Trinkwasser sollte unbedingt vermieden werden (Quelle Ralf Otterpohl, TUHH)

In unseren Spültoiletten werden Urin und Fäzes stark mit Wasser verdünnt. Üblicherweise beträgt die Frachtrate, oder auch Nutzlast genannt, bei modernen Spültoiletten nur 5%. Das heißt die Toilettenabwässer bestehen zu 95% aus wertvollem Frischwasser. Sollen die Toilettenabwässer auch weiterhin über die Schwemmkanalisation dem Klärwerk zugeführt werden, kann die Wassermenge zukünftig nicht weiter reduziert werden. Es droht sonst die Verstopfung des Abwasserkanals. Auf dem Weg zum Klärwerk gehen die ersten wertvollen Inhaltsstoffe aus den Toiletteninhalten in Form von Ammoniak oder Lachgas an die Umgebungsluft verloren. Weitere unkontrollierte Verluste treten im Klärwerk auf und der Rest wird im besten Fall “kontrolliert vernichtet”.

Die Energiebilanz ist deutlich negativ und die bis zu 80 Nähr- und Spurenstoffe gehen weitgehend der Kreislaufwirtschaft verloren. Das ist nicht zukunftsfähig und läuft dem Ziel der “klimaneutralen und nachhaltigen Gesellschaft” entgegen.

Bei gezielter Nutzung unser Toiletten-Inhalte können je Einwohner und Jahr alleine durch Einsatz in einer Biogasanlage etwa 150 kWh (Kilowattstunden) an Energie gewonnen werden. Die gleiche Menge nochmal bei Vergärung und Nutzung des im Haushalt anfallenden Biomülls. Also insgesamt etwa 300 kWh je Einwohner und Jahr. Zusätzlich können bei anschließender landwirtschaftlicher Nutzung nochmal etwa 90kWh an Kunstdünger je Person und Jahr substituiert werden. Jedes Jahr könnten zusätzlich etwa 105 kg CO2 für jeden Einwohner im Humus gespeichert und langfristig fruchtbare Böden erhalten werden. Die jährliche neue Humusmenge läge bei etwa 150 Litern je Person und Jahr.

Die zentralen Klärwerke können stark entlastet werden, wenn die Toiletteninhalte einer getrennten Verwertung zugeführt werden. Das Einsparpotenzial liegt etwa bei zusätzlichen 100 kWh je Person und Jahr.

Eine “klimaneutrale Gesellschaft” ist möglich, wenn wir unsere Gewohnheiten überdenken und zu kleinen, aber gezielten, Anpassungen an der Infrastruktur bereit sind. Unsere “Kreislauf-Toilette” kann einen Beitrag dazu leisten. Packen wir es gemeinsam an!